Was die zwei im Bauwesen geläufigen Begriffe "Allgemein anerkannte Regeln der Technik" und "Stand der Technik" bedeuten und wie auch Gerichte urteilen, wenn es um Baumängel und damit verbundene Schadenersatzforderungen geht.
Beim Bau von Doppelhäusern kommt es immer wieder zu Diskussionen, ob es den anerkannten Regeln der Technik entspricht, die Bodenplatte als durchgehende Stahlbetonplatte auszuführen oder ob nicht eine bauliche Trennung zwischen den Doppelhaushälften der Stand der Technik wäre.
Und erst kürzlich wurde mir im Rahmen meiner von mir persönlich
als Autor und Herausgeber dieser Hausbau-Website
durchgeführten Online-Baubegleitung
eine ähnliche Frage gestellt.
Es geht darum, im Nachhinein zu klären, wer schuld daran ist, wenn eine Bauleistung anders ausgeführt wurde als vom Bauherrn erwartet. Zweck dieser Klärung ist, aus dieser Schuld eine Preisminderung oder einen Schadenersatzanspruch abzuleiten.
Im vorliegenden beispielhaft angeführten Fall geht es darum, dass praktisch erst kurz vor der geplanten Bauabnahme vom Auftraggeber festgestellt wurde, dass die gebaute Doppelhaushälfte keine eigene Bodenplatte hat, und auch die als betonierte Hohlwand ausgeführte Kelleraußenwand baulich nicht vom Nachbarhaus getrennt wurde und damit keine Gebäudetrennfuge aufweist.
Nach Ansicht des Auftraggebers liegt daher ein Sachmangel vor, weil der Keller des Doppelhauses nicht dem Stand der Technik entspricht, was gleichzeitig auch bedeuten würde, dass bei der Bauausführung die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten wurden.
Wie bei jedem anderen Bauvorhaben, geht auch hier dem nach langen Überlegungen und Verhandlungen erteilten Bauauftrag eine mehr oder weniger anstrengende Angebotsphase voraus. In diesem Fall führte das letzte von mehreren aktualisierten Angeboten schlussendlich zum Abschluss eines Werkvertrages.
Wenn es um den Bau eines Doppelhauses geht, scheint die Ausgangslage für den Auftraggeber daher völlig klar zu sein: Gekauft und gebaut wird ein eigenständiges Einfamilienhaus, welches als Doppelhaushälfte an die gemeinsame Grundgrenze gebaut wird und baulich zur Gänze von der anderen Doppelhaushälfte getrennt ist.
Das Problem: In der Angebotsphase gibt es in der Regel noch keine detaillierten Ausführungspläne. Was es gibt, sind Standard-Entwurfspläne und diverse Baubeschreibungen, die ein Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Hausanbieters
sind
und damit auch zur Vertragsgrundlage erklärt werden.
Und weil das hart umkämpfte Baugewerbe eigene "Gesetze" hat, die allerdings nichts anderes als übliche "Gepflogenheiten" sind, sagen auch die meisten Baubeschreibungen der diversen Hausanbieter nichts Konkretes darüber aus, wie bestimmte Bauteile im Detail ausgeführt werden.
Wie das bestellte Haus im Detail gebaut wird, kommt bei jedem Bauvorhaben erst dann zum Vorschein, wenn der Auftrag bereits erteilt wurde. Und auch diese Vorgehensweise ist nicht nur üblich, sondern die einzige Möglichkeit.
Konkret bedeutet das, dass die Ausführungspläne immer erst dann gezeichnet werden, wenn alle vertraglich vereinbarten Details klar sind.
Wie gesagt: Dass die detaillierten Ausführungspläne erst nach der Auftragserteilung erstellt werden, ist übliche Praxis, gegen die nichts spricht. Zumindest so lang es sich um die angeführten Kleinigkeiten handelt.
Problematisch wird es allerdings, wenn die Ausführungspläne genutzt werden, um dem Bauherrn auf "elegante" Weise praktisch stillschweigend eine wesentliche Änderungen unterzujubeln. So geschehen auch in diesem beispielhaften Doppelhaus-Fall.
Was genau ist passiert?
Der fertig gezeichnete Ausführungsplan wurde dem Bauherrn zur Bestätigung vorgelegt. Das Augenmerk lag dabei auf der endgültig festgelegten Raumaufteilung sowie auf der Sanitärinstallation und auch der Elektroinstallation mit den eingezeichneten Schaltern, Dosen und Auslässen.
Nicht erwähnt wurde im Zuge der Bestätigung der vorgelegten Ausführungspläne, dass die Bodenplatte nun als durchgehende Bodenplatte für das gesamte Doppelhaus ausgeführt wird.
Dieser Punkt wurde auch zeichnerisch nicht dargestellt, auf einen geeigneten Vertikalschnitt durch diesen wichtigen Bereich wurde überhaupt verzichtet.
Ebenfalls nicht erwähnt wurde, dass die Außenwände des Kellers nun ohne Gebäudetrennfuge ausgeführt werden. Dabei hat man sich sogar viel kreative Mühe gemacht, die plötzlich fehlende Trennfuge zumindest in einer der betroffenen Kelleraußenwände ziemlich raffiniert zu "verstecken".
Genau jene Stelle, wo die Trennfuge der Kelleraußenwand eingezeichnet sein sollte, wurde nämlich durch einen schwarzen Pfeil verdeckt. Hier unten der entsprechende Ausschnitt aus dem Ausführungsplan.
Wenn das kein bewusstes Verschleiern der plötzlich nicht mehr vorhandenen Trennfuge in der Kelleraußenwand ist, müsste ich mich schon sehr täuschen. Vor allem auch deshalb, weil die Aufmerksamkeit des Planbetrachters gezielt auf den Hinweis "Gebäudetrennfuge mit 4 cm Dämmung" gelenkt wird.
Also ich persönlich kann mir sehr gut vorstellen, dass in diesem speziellen Fall der Bauherr beim Bestätigen dieses Ausführungsplans die im Gegensatz zum Entwurfsplan plötzlich nicht mehr vorhandene Trennfuge in der Kelleraußenwand schlicht und einfach nicht bemerkt hat.
Sogar ich als Baufachmann, der sich anmaßt, jeden Bauplan richtig lesen zu können, habe diese Irreführung erst nach einem mehrmaligen Blick auf dieses Detail entdeckt. Dazu kommt, dass private Bauherren in dieser wichtigen Phase den Fokus meistens auf andere Dinge richten.
Für die meisten angehenden Hausbesitzer stellt das Bestätigung von Ausführungsplänen jedenfalls eine Routineaufgabe dar, die scheinbar einfach zum Hausbauen dazu gehört. Damit wird vor allem die Vorfreude auf das Haus gesteigert, weil ab jetzt endlich etwas Konkretes "passiert".
Diese Phase der Emotionen und Vorfreude auf das eigene Haus auszunutzen, um den Bauherren etwas ganz heimlich unterzuschieben, zeugt auf alle Fälle nicht unbedingt von einer transparenten Geschäftsabwicklung.
Und JA. Das "Übersehen" der geänderten Ausführung des Doppelhauses war ein Fehler. Aber heute für gestern klug zu sein, ist keine große Kunst und trägt auch nicht zur Lösung des Problems bei. Aber zumindest können andere Bauherren daraus lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.
Dazu wäre ein grundsätzlich anderes Vorgehen nötig gewesen. Statt direkt mit einem ins Auge gefassten Hausanbieter Kontakt aufzunehmen, um später ein nicht vergleichbares Angebot zu bekommen, wäre der Weg über ein Leistungsverzeichnis und eine Bauausschreibung die bessere Entscheidung gewesen.
Weil ausgereifte Pläne die Grundlage für ein Leistungsverzeichnis sind, wäre es daher auch bei Doppelhäusern sehr einfach gewesen, schon beim Einholen der Angebote ausdrücklich festzulegen, dass die Doppelhaushälften mit getrennter Bodenplatte und getrennten Kelleraußenwänden ausgeführt werden müssen.
"Was gewesen wäre, wenn ..." spielt allerdings auch hier keine Rolle mehr.
Wohin diese Unterschätzung der Gepflogenheiten des Baugewerbes in Kombination mit einer fast schon sträflichen Überschätzung der eigenen Fähigkeiten führt, stellt sich immer erst dann heraus, wenn es schon zu spät ist. Dann bleibt nur noch, aus der aktuellen Situation des Beste zu machen.
Damit komme ich jetzt zur alles entscheidenden Frage, wenn sich ein Streit zwischen Baufirma und Bauherr abzeichnet und geklärt werden soll, wie denn nun ein Doppelhaus nach den anerkannten Regeln der Technik richtig gebaut wird. Dazu muss vorher eine scheinbar ganz einfache Frage beantwortet werden.
Um es kurz zu machen: Eine genaue Definition der anerkannten Regeln der Technik gibt es nicht. Das ist auch der Grund, warum
tatsächlich
so oft um die Bedeutung dieses im Baugewerbe trotzdem sehr wichtigen Begriffs gestritten wird.
Dabei können Sie sich sicher gut vorstellen, dass immer nur deshalb um irgendetwas gestritten wird, weil es schlussendlich immer um Geld geht.
Es ist daher auch verständlich, dass Bauherren in ihrer aufkeimenden Verzweiflung versuchen, sich auf die vermeintlich überall geltenden Regeln der Technik zu berufen, um kein Geld zu verlieren.
Auch in diesem Fall zielt der vom Hausanbieter offensichtlich hinters Licht geführte Bauherr darauf ab, eine mangelhafte Ausführung geltend zu machen, weil die Bauausführung trotz der irrtümlich bestätigten anderslautenden Ausführungspläne nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde.
Die darauf aufbauende Vermutung, diese allgemein bekannten und daher auch allgemein anerkannte Regeln der Technik genannten Regelungen hätten den Charakter von "Baugesetzen", ist allerdings leider eine Fehleinschätzung.
Unter den anerkannten Regeln der Technik werden im Allgemeinen technische Regeln verstanden, die einerseits aus Erfahrungen auf technischen Gebieten oder aus der Wissenschaft gewonnene Grundsätze enthalten, und deren Tauglichkeit
andererseits
in der Praxis als erwiesen anzusehen ist.
Mit anderen Worten:
Anerkannte Regeln der Technik sind Lösungswege, die sich in der Praxis durch Erprobung bewährt haben und sich daher auch bei der Mehrheit der praktischen Anwender durchgesetzt haben.
Weil es beim Bau im Allgemeinen und auch im Speziellen beim privaten Hausbau ausschließlich darum geht, etwas so zu bauen, wie sich das in der Praxis nachweislich bewährt hat, hat man sich im breiten Einverständnis aller am Bau beteiligten Fachleute schon vor langer Zeit darauf geeinigt, diese anerkannten Regeln der Technik als Grundlage für die meisten Normen im Bauwesen zu erklären.
Damit darf davon ausgegangen werden, dass die deutschen DIN-Normen, die über das
österreichische OIB harmonisierten ÖNORMEN, die Normen des schweizerischen SNV sowie die geltenden EU-Normen die anerkannten Regeln der Technik widerspiegeln.
Dieser Stand der Technik ist ein Qualitätsstandard, der beschreibt, was technisch machbar ist. Damit wird zum Ausdruck gebracht, welche Technik die beste ist, um ein bestimmtes Problem zu lösen.
Ohne ausdrückliche Vereinbarung kann allerdings kein Bauunternehmer und kein Handwerker dazu verpflichtet werden, die beste verfügbare Technik anzuwenden. Vor allem auch deshalb nicht, weil sich Verfahren nach dem Stand der Technik - im Unterschied zu den Regeln der Technik - noch nicht in der Praxis bewährt haben.
Was bedeutet das bei unserem beispielhaften Doppelhaus-Problem? Könnte in diesem Fall dann behauptet werden, dass die Ausführung einer an der Grundgrenze baulich getrennten Bodenplatte für ein Doppelhaus dem aktuellen Stand der Technik entsprechen würde?
Nein. Ganz einfach deshalb, weil es in der Praxis auch durchaus üblich ist, durchgehende Bodenplatten auszuführen.
Könnte dann nicht behauptet werden, dass es zumindest den in der "Qualitäts-Rangordnung" unter dem Stand der Technik angesiedelten anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde, die hier zur Diskussion stehenden zwei Doppelhaushälften getrennt zu bauen?
Ebenfalls Nein. Weil es wie bei jedem individuellen Bauvorhaben auf die ebenso individuellen Umstände ankommt. Von einem Bauvorhaben auf ein anders zu schließen, wäre zwar ein verlockender, im komplexen Bauwesen aber ein grundsätzlich falscher und irreführender Ansatz.
Ja, es stimmt schon: Das alles dürfen keine Rechtfertigungen für das Verschweigen einer Bauausführung sein, die vom ursprünglichen und anerkannten Entwurf abweicht. Das alles soll auch nicht heißen, dass der Bauherr keine Rechte und Möglichkeiten hat, gegen eine seiner Meinung nach falsche Bauausführung vorzugehen.
Aber worauf läuft die ganz Diskussion um die richtige oder falsche Bauausführung hinaus?
Sicherlich darauf,
diese vom Bauherrn als unseriös empfundenen Vorgehensweisen zumindest in irgendeiner Form zu Geld zu machen. Das durchaus nachvollziehbare Ziel wird daher sein, dem Hausanbieter zumindest eine Schuld anzulasten, im besten Fall einen Mangel. Ob das gelingen kann, ist ziemlich fraglich ...
Ob das gelingen kann, ist ziemlich fraglich. Hier mein persönliche Einschätzung, die auf Erfahrungswerten aus jahrzehntelanger Erfahrung an vorderster Front bei der Abwicklung von unzähligen Bauprojekten jeder Größenordnung beruht ...
Kommt es beim Bau eines Hauses zum Streit über die Bauausführung, wird in den meisten Fällen schon im Vorfeld von allen Beteiligten viel zu viel persönliche Energie verschwendet, um in der Sache recht zu haben.
Ungerechtfertigte Vorwürfe, abschweifende Argumentationen, angedrohte Maßnahmen oder Konsequenzen.
Unsachliche Kommunikation, falsche Einschätzungen, unrichtige Annahmen, oder was auch immer von beiden Vertragspartnern in die in die Waagschale geworfen wir, um zu seinem Recht zu bekommen.
Komm es dann mangels Einigung auf eine Vergleichslösung zu einer Auseinandersetzung vor Gericht, wird von vielen Bauherren nicht selten immer noch davon ausgegangen, der Richter müsste aufgrund der vorliegenden Beweise ohne Zweifel im Sinne des Auftraggebers Recht sprechen.
Erneut eine Fehleinschätzung und Unterschätzung der Sachlage.
Ohne jetzt hier allzu langatmig darauf einzugehen, wie ein Gerichtsverfahren im Detail ablaufen kann und wahrscheinlich auch wird, wenn jeder der Vertragspartner auf seinem scheinbar unverrückbaren Standpunkt beharrt, können Sie sicher sein, dass es auch bei solchen Baustreitigkeiten längst maßgebliche Urteile gibt.
Die wichtigste Erkenntnis:
In diesem Fall tritt das ein, was in den meisten Fällen passiert. Sie erinnern sich - schon weiter oben wurde festgestellt, dass die üblichen Baubeschreibungen, die Teil der Geschäftsbedingungen sind, nur sehr vage und ungenau sind. Damit fehlen konkrete Vereinbarungen über die Beschaffenheit.
Die vereinbarte Beschaffenheit bezieht sich dabei nicht nur auf die in diesem beispielhaften Fall aufgeworfenen Frage zur Ausführung einer getrennten Bodenplatte oder Außenwand. Es geht vielmehr um sämtliche Ausstattungen, die normalerweise im Rahmen einer Bemusterung festgelegt und vereinbart wurden.
Gibt es keine schriftliche Vereinbarung über die Beschaffenheit, tritt praktisch automatisch folgende Regelung in Kraft, die ebenfalls schon auf vielen einschlägigen Entscheidungen beruht:
Ein Werk - das kann jede beliebige Bauleistung sein - gilt als frei von Sachmängeln, wenn es sich für die vorausgesetzte oder für die gewöhnliche Verwendung eignet und jene Beschaffenheit aufweist, die bei vergleichbaren Werken üblich ist und die der Besteller bzw. Auftraggeber erwarten kann.
Bezogen auf den hier beispielhaft angeführten Fall eines Doppelhauses, bei dem sowohl die Bodenplatte als auch die Außenwände des Kellergeschoßes nicht durch eine bauliche Fuge getrennt wurden, stellt sich bei Abwägung aller Gegebenheiten und Umstände, wie es zu dieser Bauausführung gekommen ist, folgende Frage:
Die Antwort wird mit größter Wahrscheinlichkeit JA sein. Die einzige Einschränkung kann sein, dass es durch die fehlende bauliche Trennung zu Problemen mit dem Schallschutz kommen kann.
Außer Frage steht, dass die Schallübertragung bei baulich nicht getrennten Bauteilen größer ist als bei getrennten Bauteilen. Wie groß die Auswirkungen einer durchgehenden Bodenplatte wirklich sind, wird sich nur durch entsprechende Schalldruckmessungen feststellen lassen.
Aus Erfahrung kann aber davon ausgegangen werden, dass sich die nachteilige Auswirkung der erhöhten Schallübertragung nur sehr gering auswirken werden, schlussendlich wird es um eine Verschlechterung des Schallschutzes um etwa 3 dB (Dezibel) gehen. Ähnliches trifft auch auf die durchgehende Außenwand zu.
Ob nun diese möglichen Schallschutzproblem überhaupt zum Tragen kommen oder einen Mangel darstellen, hängt nun wiederum von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Beim vorliegenden Fall rund um das beispielhafte Doppelhaus wurde übrigens ausdrücklich auf einen verbesserten Schallschutz verzichtet.
Auch darüber lässt sich trefflich diskutieren und noch besser streiten. Beides bringt aber nichts. Vor allem gibt es
aus gutem Grund
keine allgemein gültige und auf einer bestimmten Rechtsprechung beruhende Regelung oder Entscheidung, die genau diese mitunter sehr verzwickte Frage klärt.
Häuser sind jedenfalls Unikate, keine Stangenware. Daher kann kein Bauvorhaben mit einem anderen verglichen werden. Auch dann nicht, wenn es sich um optisch sehr ähnliche Gebäude handelt, also wie in diesem beispielhaften Fall um ähnliche Doppelhaushälften.
Das alles führt nun zu guter Letzt zu der unumstößlichen Tatsache, dass jedes Bauvorhaben als Einzelfall betrachtet werden muss und im Wesentlichen nur das gilt, was zwischen den Vertragsparteien schriftlich vereinbart wurde.
Gehen wir daher nun einmal davon aus, der Bauherr könnte - vielleicht über den Umweg einer nachgewiesenen arglistigen Täuschung - belegen, dass die getrennte Ausführung der Doppelhaushälften schon von Anfang an als vertraglich vereinbart betrachtet werden kann. Gehen wir also vom bestmöglichen Fall der Fälle aus.
Was würde das für den Doppelhaus-Bauherrn konkret bedeuten?
Zur Erinnerung: Wird das vom Hausanbieter geschuldete Werk nicht wie vertraglich vereinbart ausgeführt, liegt nach aktueller Rechtsauffassung ein Sachmangel vor. Ist dieser Sachmangel zu beheben, kann der Bauherr grundsätzlich eine sogenannte Nacherfüllung verlangen.
Diese Nacherfüllung ist nichts anderes als eine Mängelbeseitigung. Im konkret Fall könnte der Bauherr rein theoretisch verlangen, dass die nachträglich die vereinbarte bauliche Trennung hergestellt werden muss. Das wird in der Praxis aber nicht zur Gänze möglich sein.
Heißt konkret:
Die Trennfuge in den Kelleraußenwänden kann auch problemlos nachträglich ausgeführt werden. Dazu müssen "nur" geeignete Sägen bzw. Betonschneidgeräte eingesetzt werden.
Das Auffüllen der Trennfuge mit geeignetem Fugenmaterial ist dann nur noch ein Standardaufgabe, die ebenfalls problemlos erfüllt werden kann.
Die nachträgliche Trennung der Bodenplatte hingegen ist praktisch nicht mehr möglich. In diesem Fall darf der Hausanbieter die Beseitigung dieses Mangels verweigern, weil diese Mängelbeseitigung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Was bedeutet das?
Weil der Hausanbieter den Sachmangel aufgrund der unverhältnismäßig hohen Kosten für die Mängelbeseitigung nicht beheben kann, entsteht für den Bauherrn nun der von Anfang an angestrebte Anspruch auf Schadenersatz. Ist der Bauherr damit aber nun tatsächlich am Ziel seiner aufreibenden Bemühungen?
Nein, leider nicht. Bei näherer Betrachtung stellt sich vielmehr die Frage, ob es sich überhaupt lohnt auf einen Schadenersatzanspruch hinzuarbeiten. Es geht jetzt nämlich um die Höhe des Schadenersatzes. Und dieser Schadenersatz wird wahrscheinlich enttäuschend niedrig ausfallen. Warum?
Laut einschlägigen Gerichtsentscheidungen ist das Kriterium für die
Berechnung von mangelbedingten Schadenersatzforderungen die Höhe der
Verminderung des Verkehrswertes. Der Verkehrswert wäre jener Wert, der bei einem Verkauf der Doppelhaushälfte am freien Markt erzielt werden kann.
Ob dabei etwas Vernünftiges herauskommt, darf allerdings stark bezweifelt werden.
Dazu müsste nämlich ein Gutachter feststellen, dass sich der Verkehrswert der strittigen Doppelhaushälfte durch die fehlende Gebäudetrennfuge um einen bestimmten Betrag X vermindert.
In der Praxis wird das aber kaum der Fall sein. Ich schätze das vielmehr
so ein, dass es einem allfälligen
(den Verkehrswert zahlenden)
Käufer der hier zur zum angenommenen Verkauf stehenden Doppelhaushälfte ziemlich egal sein würde, ob die Bodenplatte
durchgehend oder getrennt ist.
Diese aus Sicht eines Käufers
wahrscheinlich unbedeutende Kleinigkeit wird daher keine nennenswerten Auswirkungen
auf einen Immobilienpreis und damit auch praktisch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Verkehrswert haben.
Eine Erhöhung des Schadenersatzanspruchs wäre möglich, wenn die Gesamtheit aller Baumängel berücksichtigt wird. Dazu wird es allerdings auch nötig sein, jeden behaupteten Mangel einzeln zu beurteilen.
Insgesamt ist das alles eine große Herausforderung, weil bei jedem Mangel ein entsprechender Schaden nachgewiesen werden muss. Und dann muss auch noch ein Schlichter oder Richter gefunden werden, der diese ermittelten Schäden bestätigt.
Obwohl oft viel auf Stillstand hindeutet, ist immer alles in Bewegung. Und auch die Gerichte werden ständig mit Verfahren rund um Mängel und Schadenersatzforderungen befasst.
Aufgrund der Fülle der Verfahren wäre es daher nicht überraschend, wenn auch einmal Urteile gefällt werden, wodurch die bisherigen Erkenntnisse hinfällig werden. Dabei wird es vor allem um die genaue Auslegung und Bedeutung des Begriffs der subjektiven und objektiven Beschaffenheit gehen.
Empfehlung:
Ihr Rechtsanwalt sollte sich
immer rechtzeitig über eventuell neue, maßgebliche Urteile im Bauwesen
schlau machen. Wie gesagt: Alles ist immer in Bewegung ...
Die Antwort ist einfach, und da bin ich mir sicher, dass andere Baufachleute die Sache genauso sehen würden: Die einzige technisch richtige Ausführung ist bei Doppelhäusern eine getrennte Bodenplatte. Ohne Wenn und Aber. Punkt.
Der Aufwand für eine Trennung ist minimal. Meiner Fachmeinung nach gibt es kein schlüssiges Argument, welches dafür sprechen würde, auf eine Trennfuge in der Bodenplatte zu verzichten. Wie auch dieses beispielhaft ausgewählte Video zeigt, geht es nur um ein paar XPS-Platten ...
Sollte es um einen wasserdichten Keller gehen, muss jede Doppelhaushälfte ihre eigenen weiße Wanne bekommen. Auch das ist kein Problem, und alles andere wäre schlicht und einfach eine Fehlentscheidung.
Sofern ein in Auftrag gegebenes und vom Hausanbieter gebautes Haus im Wesentlichen wie vereinbart errichtet wurde, sollte nicht zu viel Energie in einen nicht zu gewinnenden Schadenersatz-Streit gesteckt werden. Das wird am Ende Ihre
persönliche
Energie sein, die sinnlos vergeudet wurde. Schade darum.
Und sollten bei der Abnahme so viele verschiedene Mängel vorhanden sein, dass kein Ende abzusehen ist, sollten Sie rechtzeitig beginnen, mit Ihrem Vertragspartner Gespräche über eine für beide Parteien befriedigende Vergleichslösung zu führen.
Bitte beachten.
Diese Hausbau-Website wird von Bauinteressierten aus aller Herren Länder als Informationsquelle genutzt.
Die auf dieser Seite beschriebenen Eigenheiten und Auslegungen der Bedeutung der Begriffe "anerkannte Regeln der Technik" sowie "Stand der Technik" stellen lediglich eine Verallgemeinerung aus Sicht des Autors dar, in keinem Fall aber eine verbindliche rechtliche Beurteilung.
In den verschiedenen Staaten und Ländern haben diese Begriffe möglicherweise abweichende Bedeutungen. Es kann daher durchaus möglich sein, dass in anderen Ländern mit diesen allgemein bekannten und geltenden Begriffen "anerkannte Regeln der Technik" sowie "Stand der Technik" anders umgegangen werden muss.
Die Sache kann also auch bei genauer kritischer Betrachtung zwar beliebig gedreht, gewendet und ausgelegt werden, der Kern der Sache wird davon unberührt bleiben:
Wenn es im Streitfall darauf ankommt, welche Unterlagen als Auftragsgrundlage gelten, wird es in jedem Land am Ende nur darauf ankommen, welche schriftlichen Vereinbarung bei der Auftragserteilung getroffen und durch Unterschrift von beiden Vertragsparteien akzeptiert wurden.
Alles, was recht ist. Auch dann, wenn der Auftragnehmer aus irgendeinem Grund dazu rät, am unterschriebenen Dokument kein Datum anzuführen, gilt ohne Wenn und Aber:
Keine Blanko-Unterschriften ohne Datum.
Datumsangabe ist obligat und Ihre Bauherrenpflicht. Damit können Sie im Streitfall beweisen, wann was vereinbart wurde. Genau auf diese vermeintliche "Kleinigkeit" wird es am Ende des Tages ankommen.
Wenn Sie auf Ihrem Weg zum eigenen Haus schon von Anfang alles möglichst richtig machen wollen, führt kein Weg an einer Bauausschreibung vorbei. Dazu brauchen sie ein Leistungsverzeichnis. Damit geben SIE die Spielregeln vor.
Und dass Sie Ihr individuelles Leistungsverzeichnis mit dem von mir speziell für Bauherren wie Sie entwickelten Muster-LV auch selbst erstellen können, wissen sie sicherlich schon längst.
Empfohlen von Wilfried Ritter | Website-Autor
Hausbau FAQ-Service. Antworten vom Autor
Excel LV-Vorlagen. Für alle Hausbau-Gewerke
Online-Baubegleitung. Bauhilfe24 Spezial