Hausbau in Dänemark - Passivhaus

von Andreas
(Dänemark)

Ich bin Österreicher, wohne aber seit 3 Jahren in Dänemark und möchte in naher Zukunft ein Passivhaus errichten. Meine Fragen dazu sind: Welches Material bzw. welchen Ziegel und Isolierung würdest du hier empfehlen, mit Rücksicht auf das relativ feuchte Klima in Dänemark, deshalb auch die Frage welche Fassade eignet sich besonders gut für dieses Klima, in Dänemark hat man wie du vielleicht weißt, fast ausschließlich Klinkerfassaden, die dürften sich bewährt haben, aber ich würde gerne einen Mineralputz verwenden?!


Ist auch bei einem Passivhaus eine Fussbodenheizung empfehlenswert und was hältst du von einer Belüftung mit einem Luftwärmetauscher in Bezug auf Verkeimung etc.(ohne dieser funktioniert angeblich ein Passivhaus nicht)?

Welches Fundament würdest du empfehlen, ich weiß, dass viele noch Streifenfundamente machen, aber hier in Dänemark werden viele Fundamente ohne Streifenfundamente erstellt. Welche Isolierung, mit Glasschotter oder Styropor? Danke im Voraus für die Beantwortung der Fragen. Servus, Andreas<

Bauhilfe24-Antwort

Freut mich, dass du ein Passivhaus bauen willst. Ist mit Garantie eine sehr weitsichtige und kluge Überlegung. Immerhin verbrauchen Passivhäuser bis zu 90% weniger Energie als normale, herkämmliche Häuser. Und auf die weltweit nicht unbedingt besser werdende Energiesituation ist ein Passivhaus wohl die intelligenteste Antwort.

Das ist übrigens vermutlich mit ein Grund, weshalb auch in Dänemark in naher Zukunft Neubauten nur mehr im Passivhausstandard errichtet werden dürfen. Jedenfalls wurde das in deiner neuen oder zweiten Heimat bereits gesetzlich so festgelegt.

In Zusammenhang mit deinen Fragen muss ich dir ehrlich sagen, dass ich über den Hausbau in Dänemark nicht wirklich genau Bescheid weiß. Um deine Fragen zu beantworten, muss das aber gar nicht der Fall sein. Weil der Passivhausstandard nämlich international ist. Mit dem einzigen Unterschied, dass in wärmeren Ländern das Haus entsprechend kühl gehalten werden muss. In unseren Breiten und auch bei dir in Dänemark geht es hingegen darum, Wärmeverluste zu vermeiden.

Bevor ich kurz auf deine konkreten Fragen eingehe, möchte ich dir etwas ausführlicher vermitteln, was ein Passivhaus eigentlich ist. Aus deiner Fragenstellung lese ich zumindest heraus, dass diese Informationen für dich hilfreich sein könnten.

Also vorweg: Ein Passivhaus ist im Winter angenehm und behaglich warm und im Sommer angenehm kühl. Und dieser außerordentliche Wohnkomfort wird beim Passivhaus ohne separates Heiz- oder Klimasystem erreicht. Damit wäre auch deine Frage zur Fußbodenheizung schon beantwortet...

Damit ein Passivhaus auch "funktioniert", gibt es verschiedene Kriterien, die ein Gebäude erfüllen muss, um den Standard eines Passivhauses zu erreichen:
  • Ein ganzjährig extrem niedriger Heizwärmebedarf.
  • Minimal erforderliche Wärmezufuhr, um die angenehme Raumtemperatur aufrecht zu erhalten.
  • Höchste Luftdichtheit, die gewährleistet, dass keine (oder zumindest möglichst keine) Luft entweichen kann.
  • Beste Wärmedämmung, damit keine Wärme durch die Gebäudehülle entweichen kann.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das, dass dieser Passivhausstandard durch folgende Maßnahmen erreicht wird:
  • Bestens gedämmte Gebäudehülle.
  • Fenster mit Dreischeiben-Verglasung.
  • Luftdichte Bauausführung und...
  • ...eine ausgeklügelte, kontrollierte Wohnraumlüftung.
Damit ist eine weitere deiner Fragen beantwortet. Beim Passivhaus ist demnach eine Wohnraumlüftung nicht nur angeblich erforderlich. Vielmehr ist gerade die kontrollierte Wohnraumlüftung bzw. Komfortlüftung der wesentlichste Bestandteil eines Passivhauses.

Warum das so ist? Weil vom Grundprinzip her ein Passivhaus so konzipiert ist, dass keine störende Zugluft entsteht. Beispielsweise durch undichte Fenster, ziehende Steckdosen oder andere Undichtheiten. Mit der Wohnraumlüftung wird den Räumen ständig frische Luft zugeführt, welche durch eine integrierte Wärmerückgewinnung erwärmt oder aber auch gekühlt wird. Da auch Filter eingebaut sind, ist der angenehme Nebeneffekt, dass die Luft immer gereinigt ist und dieser Umstand für ein gesundes Raumklima sorgt. Ein Segen auch für Allergiker. Das bedeutet nun auch, dass ein ständiges Lüften nicht mehr erforderlich ist.

Übrigens: Damit du eine Vorstellung bekommst, wie effektiv eine derartige Wärmerückgewinnung ist: Bei einer Außentemperatur von 0°C schafft es die etwa 20°C warme Abluft, die kalte Frischluft auf 16°C zu erwärmen. Und noch etwas zur Veranschaulichung: Sollten einmal alle Systeme der Wärmerückgewinnung ausfallen und du von der Außenwelt regelrecht abgeschnitten sein, wird es auch nach 30 Tagen Schlechtwetter nicht kälter als 13°. Weil ein Passivhaus nur sehr langsam auskühlt. Und zur Beheizung eines Zimmers mit etwa 15 m² Größe ist lediglich die Wärme von fünf Teelichtern erforderlich.

OK. Bevor ich mich jetzt aber noch weiter in die Details eines Passivhauses vertiefe, empfehle ich dir einfach ein paar interessante Seiten:Oder du schaust dich einfach unter dem Suchbegriff "Passivhaus" im Internet um. Aber das weißt du ja ohnehin.

Bleiben noch deine offenen Fragen zu den genannten Materialien.

Zur Fassade: Ich denke, es gibt schon Alternativen zu den Klinkerfassaden. Beispielsweise diffusionsoffene Wärmedämm-Verbundsysteme mit Verputzen und Anstrichen mit einem wasserabweisenden Lotusblüteneffekt. Wobei mir aus ökologischer Sicht eine Holzbauweise noch besser zusagen würde. Beispielsweise eine spezielle Massivholzwand mit rund 40 cm Dämmstärke.

Schaumglasschotter: Ist jedenfalls ein ökologisch sinnvolles Recyclingmaterial mit hervorragender Energiebilanz. Dazu hoch wärmedämmend. Und bei Bedarf sogar verdichtbar und daher auch lastabtragend.

Styropr: Für erdberührte Flächen nicht geeignet. Wenn schon, dann extrudiertes Polystyrol. Ist günstiger als Schaumglas und trotzdem auch ein bestens geeigneter Dämmstoff für den Fundamentbereich.

Auf Streifenfundamente würde ich übrigens nicht verzichten, weil damit gleichzeitig eine Frostschürze ausgeführt werden kann, welche das ungewollte Auffrieren von unten her verhindert.

Wie du siehst, könnten über deine Themen ganze Bücher geschrieben werden. Das möchte ich aber hier nicht tun, sonst wird es zu langweilig. Wie gesagt: Hör dich gut um, was es auf dem Sektor Passivhaus alles gibt. Ständig gibt es neue Technologien, die du dir zunutze machen kannst.

Aber: Bei allem Idealismus solltest du in jedem Fall fachmännische Hilfe in Anspruch nehmen. Auch in Dänemark gibt es zertifizierte Passivhaus-Architekten und Passivhaus-Berater. Nutze deren Fachwissen und du wirst mit deinem Haus dauerhaft Freude haben. In diesem Sinne Grüße aus deiner alten Heimat und heute schon...

Mehr Erfolg beim Hausbau!

Wilfried Ritter
Autor und Herausgeber
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HSB | Haus-Selber-Bauen.com
Bauhilfe24.com

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Passivhaus bauen
von: Sven

Hallo Wilfried,

habe heute deinen Beitrag gelesen und damit auch etwas dazugelernt.

Danke!

Mit freundlichen Grüßen


Sven

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